Frau trainiert Beckenboden mit Therapeutin

Beckenboden verstehen & trainieren

Der Beckenboden ist wie ein unsichtbarer Held deines Körpers: Er hält deine Organe dort, wo sie hingehören, sorgt für Kontrolle über Blase und Darm und spielt auch beim Sex eine zentrale Rolle. Trotzdem schenken viele Frauen ihm erst dann Aufmerksamkeit, wenn Beschwerden auftreten. Dabei lässt sich mit regelmäßigem Training viel vorbeugen. In diesem Artikel erfährst du, warum der Beckenboden so wichtig ist, wie du ihn stärkst und warum es nie zu früh ist, damit anzufangen.

Keyfacts:

  • Der Beckenboden beeinflusst Kontinenz, Haltung und Sexualität und wird oft unterschätzt.
  • Viele Frauen erleben im Laufe ihres Lebens Beckenbodenprobleme, häufig bleibt das Thema tabu.
  • Beckenbodentraining lässt sich einfach in den Alltag integrieren, aber es braucht Körpergefühl oder Anleitung.

Dieser Artikel wurde geprüft von Eva Ekamby Beckenbodentherapeutin und Cantienica-Trainerin aus Berlin


Was ist der Beckenboden – und welche Funktion hat er?

Der Beckenboden besteht aus mehreren Muskelschichten, Bindegewebe und Faszien, die wie ein elastisches Netz den unteren Abschluss deines Beckens bilden. Er stützt Blase, Gebärmutter und Darm und arbeitet eng mit Bauch- und Rückenmuskeln zusammen.

Funktionen im Überblick:

  • Halten: Der Beckenboden trägt die inneren Organe und hält sie an Ort und Stelle.
  • Kontrollieren: Er sorgt dafür, dass du Urin und Stuhl halten und kontrolliert abgeben kannst.
  • Stabilisieren: Gemeinsam mit der tiefen Bauch- und Rückenmuskulatur stützt er deinen Rumpf.
  • Sexualität: Eine gut koordinierte Beckenbodenmuskulatur kann das sexuelle Empfinden unterstützen, wichtig ist dabei ein ausgewogenes Verhältnis von Anspannung und Entspannung.

Wichtig: Ein Zuviel an Spannung kann ebenso ungünstig sein wie ein Zuwenig. Ein funktioneller Beckenboden ist vor allem gut koordiniert, also anspannbar und entspannbar.

Woran erkenne ich eine Dysbalance der Beckenbodenmuskulatur?

Eine geschwächte oder schlecht koordinierte Beckenbodenmuskulatur kann sich unterschiedlich bemerkbar machen. Häufige Anzeichen sind:

  • Unkontrollierter Harnverlust beim Husten, Niesen oder Lachen (Belastungsinkontinenz)
  • Ein Druck- oder Fremdkörpergefühl im Beckenbereich
  • Schmerzen beim Sex
  • Rückenschmerzen  oder Haltungsschwäche
  • Verzögerte Rückbildung nach einer Schwangerschaft

Wenn du solche Symptome kennst, lohnt sich ein Gespräch mit deiner Ärztin oder einer spezialisierten Beckenbodentherapeutin. Gerade nach einer Geburt oder bei Senkungsbeschwerden kann die gezielte Anleitung durch Fachpersonen entscheidend sein.

Beachte aber auch eine dauerhaft erhöhte Grundspannung, also ein überaktiver Beckenboden, kann zu Beschwerden führen, z. B. Schmerzen beim Sex, beim Sitzen oder bei gynäkologischen Untersuchungen sowie Inkontinenz. Hier ist gezielte Entspannung genauso wichtig wie Kräftigung. 

Diese Übungen stärken deinen Beckenboden

Du brauchst kein Fitnessstudio: Mit gezielten Wahrnehmungs- und Anspannungsübungen kannst du deinen Beckenboden effektiv trainieren. Wichtig: Die richtige Technik ist entscheidend. Viele Frauen spannen unbewusst zusätzlich Po, Bauch oder Oberschenkel an. Achte darauf, ruhig weiterzuatmen und keinen Druck nach unten auszuüben.

Wichtiger Hinweis: Viele Frauen spüren den Beckenboden nicht sofort. Das ist völlig normal, es braucht manchmal Anleitung oder Hilfsmittel, um ein Gefühl für diese Muskulatur zu entwickeln.

1. Wahrnehmung im Sitzen:
Setz dich aufrecht hin, atme tief ein. Beim Ausatmen aktivierst du sanft die Beckenbodenmuskulatur, stelle dir vor, du spürst ein kleines Aufatmen nach oben, ohne dass du den Po oder die Bauchmuskeln dazu nimmst.

2. Anspannen im Alltag:
Beim Zähneputzen oder an der Supermarktkasse: Aktiviere bewusst deinen Beckenboden für 3–5 Sekunden, während du normal weiteratmest. Dann löse die Anspannung. Wiederhole das ein paar Mal. 

Achtung: Übe nicht während du gleichzeitig schwere Tüten hebst oder den Kinderwagen schiebst, das kann zu ungewolltem Pressen nach unten führen.

3. Basisübung im Liegen:
Lege dich auf den Rücken, die Beine aufgestellt. Atme ruhig ein, lenke die Luft in den Brustkorb. Beim Ausatmen spannst du gezielt den Beckenboden an, ohne Po oder Bauch anzuspannen. 5–10 Wiederholungen reichen.

Tipp: Qualität vor Quantität, lieber wenige bewusste Wiederholungen als viele ungenaue. Keinesfalls sollte der Beckenboden durch eine wiederholte Unterbrechung des Harnstrahls trainiert werden. Dadurch können Probleme bei der Entleerung der Harnblase entstehen.

Wann Beckenbodentraining besonders wichtig ist

Ein trainierter Beckenboden lohnt sich in jeder Lebensphase besonders aber:

  • In der Schwangerschaft: zur Vorbereitung auf die Geburt und zur Prävention von Inkontinenz
  • Nach der Geburt: zur Rückbildung und Regeneration, am besten mit Anleitung durch Fachpersonen
  • Ab etwa 30 Jahren: da die Muskelmasse altersbedingt abnimmt
  • In den Wechseljahren: da hormonelle Veränderungen das Gewebe zusätzlich schwächen können - auch hier ist eine fachliche Begleitung empfehlenswert

Tipp: Rückbildungskurse oder physiotherapeutisch angeleitete Beckenbodenkurse sind eine wertvolle Ergänzung, um Übungen korrekt auszuführen und Fehlbelastungen zu vermeiden.

Was du im Alltag für deinen Beckenboden tun kannst

Neben gezielten Übungen helfen auch diese Gewohnheiten:

  • Vermeide Pressen beim Toilettengang: nimm Dir Zeit, stell deine Füße auf einen Hocker, so ist der Darm in einem günstigeren Winkel und die Beckenbodenmuskulatur kann leichter entspannen. 
  • Hebe schwere Lasten mit geradem Rücken und aus den Beinen heraus
  • Achte auf eine aufrechte Haltung im Sitzen und Stehen
  • Wechsle regelmäßig deine Position: Sitzen, Stehen, Bewegen
  • Trinke ausreichend, aber vermeide vorsorgliches Wasserlassen „zur Sicherheit“

Quellen

 

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